Das System bleibt die Krise

– Wie die Pandemie bestehende Probleme beschleunigt –

Als soziale Anarchist:innen stehen wir gerade vor schwierigen Zeiten. Wir taten uns anfänglich schwer damit, Kritik an Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Pandemie zu formulieren. Vereinzelnd gab es diese Kritik natürlich (*), aber wir konnten keine gut sichtbare emanzipatorische Gegenposition einnehmen. Wir sind oft weiter mit anderen Projekten beschäftigt, die auch nicht warten können. Neben Corona gibt es weitere wichtige Kämpfe an allen sozialen Fronten weltweit. Wir versuchen weiter die Klimakrise und die Vernichtung unseres Ökosystems auf zu halten oder flüchtende Menschen zu unterstützen. Die Pandemie traf viele von uns unvorbereitet. Einfache Antworten konnten und wollten wir auf die Einschnitte in unser Leben nicht geben.
So haben wir dann erlebt, wie rechtsextreme Netzwerke die Pandemie-Maßnahmen für sich genutzt haben. Sie sind zusammen mit tausenden Menschen, die die Maßnahmen ablehnten, auf die Straße gegangen. Rechte haben diese Proteste mit organisiert und wurden als willkommene Bündnispartner:innen akzeptiert. Dieser Zusammenschluss hat es geschafft, die Straße und mediale Berichterstattung zu dominieren. Rechte Positionen konnten so, unter anderem mit Facebook und Twitter, in die Gesellschaft getragen werden. Das Ausmaß und ihr Einfluss sind bis jetzt noch nicht abschätzbar.

Der eigenen Unsicherheiten geschuldet, als auch der Angst falsche Verbündete in der Kritik an den Maßnahmen zu finden, blieben vereinzelte, linke Aktionen gegen die Coronamaßnahmen nahezu bedeutungslos. Anstatt Theorien oder gesellschaftliche Handlungsoptionen zu entwickeln – und so die Diskussion mitzuführen – praktizieren wir eher gegenseitige Hilfe. Wir versuchen uns gegenseitig zu unterstützen und zu schützen. Wir kaufen für andere ein. Wir minimieren unsere eigenen Kontakte und versuchen uns nicht „verantwortungslos“ zu verhalten. Wir nehmen die Pandemie ernst. Wir leugnen sie nicht und wir behaupten auch nicht, dass sie nur eine Grippe sei. Wir tragen Masken und halten Abstand. Wir verstehen sogar teilweise dass wir unsere Kontakte beschränken müssen, um diese Pandemie zu überstehen. Unsere Kontakt-Einschränkungen führen aber leider auch zu einer starken Verlangsamung unserer eigenen Organisierung, die den neuen Umständen angepasst werden muss.

Für uns ist klar: die Pandemie leugnen oder sie in ihrer Gefährlichkeit herunter zu spielen, nützt nur rechten Propagandist:innen. Diese wollen die Krise für ihre faschistischen Ziele ausnutzen und Leute für ein rechtes und faschistisches Weltbild gewinnen. Alle die gemeinsam mit Reichsbürger:innen, Neonazis, Faschist:innen und anderen Rechten demonstrieren, haben ihre Seite bereits gewählt. Gemeinsame Querfront gegen einen vermeintlichen unsichtbaren Feind führt immer wieder zu den gleichen antisemitischen Tendenzen und den angeblich immer gleichen Schuldigen. Antisemitische Stereotype werden in vielen der Corona Verschwörungsmythen bedient und verbinden so Bürger:innen, die um ihre persönlichen Freiheiten besorgt sind, und Neonazis miteinander. Ihre Ziele werden plötzlich anschlussfähig und ihre Anwesenheit beklatscht oder gebilligt. Auch durch Vergleiche mit Widerstandskämpfer:innen und Jüd:innen, die im faschistischen Deutschland ermordet wurden, wird der Holocaust relativiert. Die Geschichte von Nazi-Deutschland und das Leid der Opfer wird damit verharmlost.

Die teilweise willkürlichen Maßnahmen einiger Regierungen, unter der Absicht Corona eindämmen zu wollen, setzen den autoritären Kurs fort der schon vor Ausbruch von CoVid-19 sichtbar wurde.
Auf den Philippinen etwa nutzte Präsident Duterte Pandemiebestimmungen um Gewalt gegen Proteste anzuordnen, die den Zugang zu Lebensmitteln während des Lockdowns forderten. In Australien drohten Polizist:innen immer wieder Passant:innen mit Gefängnis, wenn diese sich alleine auf eine Bank setzten und Kaffee tranken [1]. Wieder in anderen Ländern, spielen Regierungschef:innen, wie etwa Brasiliens Präsident Bolsanaro, die Pandemie herunter und überlassen so viele, vor allem meist in Armut lebende Menschen, ihrem Schicksal.
In Deutschland sieht die Situation derzeit so aus, dass vor allem private Einschränkungen hingenommen werden müssen und wir nicht mehr selbst entscheiden dürfen, was für uns und die Menschen in unserer Umgebung das Beste ist. Uns wird von der Regierung abgesprochen, das wir verantwortungsvoll handeln können. Wir denken jedoch dass Menschen genau dies können, wenn sie dazu ermutigt und ihnen diese Entscheidungen nicht vorenthalten würden.

Natürlich brauchen wir hierfür Änderungen in der Gesellschaft. Eine Verantwortungsübernahme füreinander braucht Erfahrungen und einen gemeinsamen Lernprozess. Wir müssen erkennen, dass wir nicht gegeneinander arbeiten sollten sondern zusammen, um uns zu schützen. Die Menschen in unserer Gesellschaft sind durch Lohnarbeit und kapitalistische Marktwirtschaft Rücksichtslosigkeit gewöhnt und so aufgewachsen. Unser alltägliches Zusammenleben wird durch Gesetze und staatliche Regelungen bestimmt. Wir sind also gewohnt, dass uns vorgegeben wird, wie wir uns „richtig“ zu verhalten haben. Das lässt sich natürlich nicht von heute auf morgen ablegen. Wir sind alle durch diese Gesellschaft geprägt und leben so, wie es uns beigebracht wurde. Wir werden weiter Fehler machen und daraus (hoffentlich) lernen.
Uns sollte bewusst werden, dass es Menschen gibt, die durch ihr Alter oder Einschränkungen und Behinderungen, besonders von solchen Pandemien und anderen Krisen betroffen und durch diese gefährdet sind.
Auch in einigen anarchistischen Kreisen, die hoffen bereits vorurteilsfrei und gemeinschaftlich zu arbeiten und zu leben, können wir manchmal kaum Verständnis und Aufmerksamkeit für diese Menschen beobachten. Bei Veranstaltungen, die teilweise noch stattfinden, wird kaum auf das Tragen von Masken oder das Einhalten von Abständen geachtet. Die sich in dieser Subkultur bewegenden Menschen gehen scheinbar davon aus, dass sie jung und fit genug sind um diese Pandemie zu überstehen. Manche scheinen es auf die leichte Schulter zu nehmen und denken nicht über Menschen nach, die von dieser Pandemie besonders gefährdet sind. Menschen aus Risikogruppen werden dadurch aktuell aus unserer Subkultur ausgegrenzt.

Wir haben noch einen langen Weg vor uns, um als Gesellschaft mit Problemen von einer Tragweite wie einer Pandemie gemeinschaftlich um zu gehen. Wir denken aber, dass die aktuelle Krise auch eine Chance bieten könnte, dass Menschen mehr Verantwortung füreinander übernehmen. In kleinen Netzwerken, wie in Nachbar:innenschaftshilfen geschieht dies ja auch während der Pandemie vermehrt. Auf diesen Erfahrungen können wir versuchen auf zu bauen, um auch nach der Pandemie solidarische Netzwerke zu erhalten. Auch in anderen Krisensituationen wurden solche Netzwerke aufgebaut und auch nach Abklingen der Krise weiter genutzt.
Wenn Vorgehensweisen in der Pandemie von den Betroffenen gemeinschaftlich selbst festgelegt werden, dann würden Regelungen mehr Akzeptanz finden. Wenn wir uns zusammen verantwortlich fühlen, wollen wir auch, dass unsere Gemeinschaften geschützt sind. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass wir auch in einer solchen befreiten Gesellschaft Expertise zu wichtigen Problemen aufbauen müssten und diese in unsere Beratungen und gemeinsamen Entscheidungen einfließen lassen sollten. Wir wollen Expert:innen nicht einfach folgen, aber anerkennen, dass sie uns mit ihrem Wissen begleiten und beraten können. Gerade in solchen Pandemien, kann es uns helfen sie anzuhören und ihre Ideen ernst zu nehmen. Wir sollten nicht anfangen, wie die Pandemieleugner:innen, jegliche Idee von Expert:innen als eigene Profilierung oder geheimen Plan für ihren eigenen Vorteil zu deuten. Auch in einer befreiten Gesellschaft, sollte es die Möglichkeit geben, dass Menschen in ihrem Interessensgebiet Expert:innen werden können. Sie sollten nur nicht die alleinige Macht haben, für und über andere Menschen zu bestimmen. Sie sollen als gleichberechtigte Gefährt:innen angehört und Ernst genommen werden.

Wir wollen nicht aufgeben, für diese befreite Gesellschaft zu kämpfen, in der wir gemeinsam über unser Zusammenleben bestimmen können. Doch bis dahin agiert die Regierung weiter mit Einschnitten in unser Leben. Und interessanterweise gelten die meisten der Einschränkungen nur für den privaten Bereich oder da wo wir unsere Freizeit verbringen wollen. Im Lohnarbeitskontext sollen wir weiter wie bisher funktionieren (**). Wir sollen weiter Kontakt mit vielen Menschen haben (in sozialen Berufen, Großraumbüros, Fabriken etc.), natürlich auch in der Rush Hour in den Öffis zur Arbeit fahren, einmal quer durch die Stadt. Kurz: für die Wirtschaft sollen wir weiter zur Verfügung stehen. Damit wir das können und den Kapitalismus aufrecht erhalten, müssen wir private Einschränkungen hinnehmen. Die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen, haben weniger Priorität als eine funktionierende Wirtschaft.

Es ist unverantwortlich, dass wir weiter auf engem Raum arbeiten sollen. In vielen Fällen haben lohnarbeitende Menschen nämlich keine Möglichkeit Abstand zu halten und werden auch durch andere Maßnahmen, die wir sonst überall einhalten sollen, nicht geschützt. Verkäufer:innen, die in der Krise in vollen Geschäften weiter arbeiten müssen und dafür im Schnitt sogar weniger verdienen als noch letztes Jahr, setzen sich jeden Tag einer Gefahr aus. Auch Pfleger:innen und medizinisches Personal, die in immer längeren Schichten und völlig überfordert arbeiten müssen, können, genau wie Erzieher:innen, keinen Abstand halten und sich nicht ausreichend schützen.
Bereits in der 1. Welle der Pandemie konnten wir beobachten, dass Menschen, die mit Subunternehmenverträgen in Schlachthäusern arbeiten, sich durch enge Arbeits- und Wohnverhältnisse besonders oft ansteckten. Danach wurden endlich auch die Subunternehmer:innen Verträge kritisiert, obwohl die Probleme bereits davor bekannt waren. Trotzdem werden nun ein paar Monate später schon wieder Stimmen von Politiker:innen laut, diese Subunternehmer:innenverträge vielleicht doch einfach zu behalten [2]. Denn kapitalistische Interessen sind stark und werden von der Politik gerne erhört.

Um weiter Miete, Schulden, Essen, Kleidung etc. zu bezahlen, können wir es uns also in den meisten Fällen gar nicht leisten zu Hause zu bleiben, um uns zu schützen. Ebenso gibt es viele Menschen, die nicht auf die Sicherheit eines Zuhauses setzen können. Das sind zum einen Menschen, zu meist Frauen, Trans- und Interpersonen, die von häuslicher Gewalt bedroht sind und dieser nun vermehrt in der Pandemie ausgesetzt sind. Diese Menschen können sich zu Hause also nicht schützen, da die Gefahr für sie von dort ausgeht. Ebenso sind dies obdachlose Menschen, die keine Wohnung haben, in der sie sich in Sicherheit bringen können.
Die Politiker*innen, die die Maßnahmen und Gesetze machen, nehmen also mehr als billigend in Kauf, dass wir krank werden und diese Pandemie vielleicht nicht unbeschadet überstehen. Ihnen geht es also nur darum, mit einseitigen Maßnahmen und Durchhalteparolen die Wirtschaft am Laufen zu halten. Sie sprechen davon, dass viele Hilfsgelder an Betroffene von Corona bedingten Schließung ihrer Geschäfte etc. gehen. Doch die meisten Gelder gehen weiter an die großen Industrien, wie Automobilhersteller:innen, Luftfahrtunternehmen etc. Das ist nicht nur wegen der drohenden Klimakrise verheerend. Diese Hilfsgelder stützen also den gefährlichen, krisenhaften Status Quo, anstatt klimazerstörerische Branchen umzubauen. Z.B. bekommt der neue Flughafen BER 660 Millionen Euro zur Überbrückung der Corona bedingten Flugausfälle zur Verfügung gestellt, während bei Kulturbetrieben bereits betont wird, dass die Unterstützung nicht dauerhaft geschehen kann. Auch da wird deutlich, wo die Prioritäten aktueller Politik liegen. Kulturelle Angebote, die Menschen gut tun können, sind scheinbar vernachlässigbarer als klimaschädliche Industrien. Allgemein ist zu beobachten, dass kulturelle Angebote wie Museen geschlossen werden, obwohl viele sich gute Hygienekonzepte überlegt haben. Währenddessen durften noch lange Zeit Shoppingmalls und Geschäfte weiter geöffnet haben, wo oft weniger Abstände eingehalten wurden. Hier wird deutlich, was wir in den Augen der Politik machen sollen: nämlich shoppen und die Wirtschaft ankurbeln.

Schon jetzt wird eine neue Sparpolitik angekündigt. Es ist auch bereits klar, wer die Corona-Hilfen bezahlen soll. Kürzungen von Sozial-Leistungen und staatlichen Förderprogrammen werden genauso die Folge sein, wie eine weitere Vernachlässigung von Infrastruktur für Bildung und medizinische Versorgung. Es gilt sich also auf die bevorstehenden Verteilungskämpfe vorzubereiten. Die Funktionsweise unseres Wirtschaftssystems sorgt dafür, dass die Pandemie zu einer Wirtschaftskrise führt. Anti-Covid-Maßnahmen bedingen auch, dass weniger konsumiert wird. Das ist für die derzeitige Wirtschaft ein Problem. Eine Wirtschaftskrise ist in einer Marktwirtschaft auch immer eine soziale Krise, weil Menschen arbeitslos werden und/oder weniger Einkommen haben. Das Problem ist also das Fehlen einer finanziellen Sicherung, die alle Grundbedürfnisse abdeckt. Unser Wirtschaftssystem wird immer wieder zu diesen Krisen und ungerechten Verteilungen führen. Es wird fortgesetzt was nicht erst mit der Einführung von Hartz 4 zwischen 2002 und 2005 oder der Finanzkrise 2008 begann. Das Problem ist Hartz 4 und Kurzarbeitsgeld. Das Problem ist der Zusammenhang zwischen Lohnarbeit und Einkommen. Das Problem ist Kapitalismus.

Einkaufen soll uns davon ablenken, dass wir massive Einschränkungen hinnehmen müssen und gleichzeitig die Wirtschaft am Leben halten. Wir sollen unseren Teil dazu beitragen, dass der Kapitalismus weiterbesteht und unbeschadet aus der Krise hervor geht. Bereits nach dem Anschlag auf die USA am 11. September war eine Losung, dass die Menschen als patriotische Handlung einkaufen gehen sollten, um die Wirtschaft zu unterstützen. Auch wenn jetzt im „harten“ Lockdown die meisten Geschäfte geschlossen sind, wird weiter dazu aufgerufen Online einzukaufen. Amazon und andere Unternehmen stehen bereits zur Stelle und bauen trotz Krise ihre Gewinne immer weiter aus. Andere führende Wirtschaftsunternehmen betonten immer wieder, dass die Pandemie zu massiven Verlusten führen werden. Doch zu beobachten ist, dass diese Unternehmen nun große Gewinne erzielten [3]. Und wenn die Wirtschaft doch Einbuße machen sollten, gibt es großzügige Geldunterstützungen durch die Regierungen der Welt zu beobachten. Der Kapitalismus soll um jeden Preis erhalten bleiben.

Doch was kann nun daraus folgen? Was können wir tun, um die ungerechten Einschränkungen offen zu kritisieren und gegebenenfalls dagegen aufzubegehren? Und das auch noch mit einer klaren Abgrenzung zu den Pandemieleugner*innen und ihren rechten Partner*innen?
Eine in Teilen antiautoritäre Organisierung findet in Berlin und andernorts [4] im Bündnis „Wer hat der gibt“ bereits statt. Es geht darum, dass die Reichen für diese Krise zur Kasse gebeten werden sollen und nicht die Menschen, die durch die Pandemie zu viel verloren haben. „Hände Weg vom Wedding“ mobilisiert ebenfalls zum Verteilungskampf [5]. In diese Proteste können wir eine anarchistische Kritik des gegenwärtigen Systems hereintragen. Denn auch wenn die Pandemie nun für viele deutlich zeigt, wie unentbehrlich der Kapitalismus im Gegensatz zu Menschenleben ist, so darf dies auch nach dem Überstehen dieser Krise nicht vergessen werden. Wir haben die Chance den Menschen zu zeigen, dass der Kapitalismus nicht alternativlos ist. Wir können die Zeit nutzen, um Menschen zu inspirieren.
Wenn wir weiter, neben öffentlichen Protest, auf gegenseitige Hilfe als eines unserer Grundprinzipien setzen, dann können wir Netzwerke aufbauen, die stark sein können. Wir können uns vermehrt in unserer Nachbar:innenschaft organisieren und schauen, was die Menschen in unserer unmittelbaren Nähe für Bedürfnisse haben und ob wir uns bei Problemen unterstützen können. Nicht nur in dieser Zeit sind Nachbar:innen und Netzwerke eine große Unterstützung. Auch wenn durch Essensverteilungen und kochen für andere nicht der Kapitalismus verschwindet, so kann es anderen Menschen direkt helfen und ihnen zeigen, dass wir dieses System nicht brauchen, um füreinander da zu sein. Lernen wir uns also (mit Abstand – z.B. durch Aushänge und Chatgruppen) kennen. Wenn wir uns dann wieder treffen können, können wir diese Verbindungen vertiefen.

Es gibt auch vermehrt inspiriende Aktionen, denen wir solidarisch Beiseite stehen sollten. Z.B. in Wroclaw, Polen werden immer wieder die Verteilerzentren von Amazon von anarchistischen Gefährt:innen blockiert [6]. In deutschen Verteilerzentren von Amazon passiert dies die letzten Tage auch vermehrt und bis zum 24.12. wurde sogar zu einem Streik aufgerufen. Auch in diesen Verteilerzentren infizieren sich immer mehr Arbeiter:innen mit dem Virus [7].
Doch nicht nur hier finden diese Kämpfe gegen schlechte Arbeitsbedingungen statt. In vielen Ländern kämpfen die arbeitenden Menschen gegen Unterdrückung. Z.B. die Näher:innen bei „Dragon Sweater“ in Dhaka, Bangladesch kämpfen gegen ihre Entlassung und für die Auszahlung von nicht gezahlten Gehältern. Eine Situation, die in einer weltweiten Pandemie noch bedrohlicher ist.
Macht Öffentlichkeitsarbeit für diese und andere Aktionen und organisiert euch selber und begehrt gegen eure Arbeitsbedingungen auf, wenn diese in der Pandemie noch erdrückender werden. Dies geht z.B. in der anarchasyndikalistischen Basisgewerkschaft FAU (Freie Arbeiter:innen Union).

Wir können uns nur auf unsere eigene Organisierung auf Augenhöhe verlassen – tretet aus Parteien aus, hofft nicht auf Rettung durch Regierungen und organisiert euch direkt mit Verbündeten. Behaltet das große Ganze im Auge, denn nach wie vor gibt es viele Probleme, gegen die wir streiten sollten. Wir können nicht in allen sozialen Kämpfen unserer Zeit aktiv sein. Aber uns muss bewusst sein, dass alle Kämpfe miteinander verbunden sind. Wir müssen den Kapitalismus und Hierarchien überwinden und die Gesellschaft neu gestalten – denn das System bleibt die Krise.

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(*) Es gab natürlich einzelne Aktivist*innen und Netzwerke, die eben diese Maßnahmen recht schnell kritisierten. Es gab z.B. Coview aus Österreich (https://coview.info/).

(**) Uns ist natürlich bewusst, dass viele Menschen ihre Jobs verloren haben, weil einige Wirtschaftszweige wegen der Pandemie geschlossen wurden. Oft jedoch waren das Wirtschaftszweige, die der privaten Erholung von Menschen dienten.

[1] https://www.chicagotribune.com/coronavirus/sns-nyt-police-enforce-coronavirus-lockdowns-20200403-fqypflg7y5ealhlb5wikugiaka-story.html

[2] https://twitter.com/FAU_Berlin/status/1340605408327680000

[3] https://twitter.com/DPlattform/status/1340409372044881925

[4] https://werhatdergibt.org/

[5] https://www.unverwertbar.org/aktuell/2020/5665/

[6] https://twitter.com/FedAnarwroclaw/status/1338762525039603712

[7] https://twitter.com/FAUGewerkschaft/status/1341110161486864386