Wir wünschen allen Veganer*innen (und denen die es werden wollen) einen frohen Welt Vegan Tag! Super dass ihr vegan lebt und euch vielleicht auch darüber hinaus für Tiere engagiert. Für uns bedeutet Veganismus mehr, als sich pflanzlich zu ernähren bzw. auf tierische Produkte zu verzichten. Veganismus ist für uns eine Weltanschauung, bei der es darum geht, möglichst wenig Leid zu verursachen und ein gutes Leben für Alle, frei von Unterdrückung und Ausbeutung, zu ermöglichen.
Dabei denken wir sowohl an Tiere als auch an Menschen, die schließlich auch Tiere sind. Wir wünschen uns eine vegane Szene, die für verschiedenste Diskriminierungsformen sensibilisiert ist und diese bekämpft.
Vielen Gruppen, die sich für Tiere einsetzen, genügt das Engagement für Tiere als gemeinsamer Nenner. Dabei werden dann zum Teil auch Querfrontler*innen, Verschwörungstheoretiker*innen und offen rechte Personen in der Gruppe akzeptiert. Wir wünschen uns eine vegane Szene, die sich klar von menschenfeindlichen Positionen distanziert und sich nicht nur mit Tieren solidarisiert, sondern auch mit allen Menschen, die genau wie Tiere, von gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen betroffen sind. Dass immer mehr Menschen umdenken und ihre Einstellung gegenüber Tieren verändern, ist notwendig. Damit das passiert, braucht es eine vegane Szene, die vielfältig ist und in der sich ganz unterschiedliche Menschen willkommen fühlen. Wenn wir uns nicht kritisch mit Rassismus und weißen Privilegien auseinander setzen, erreichen wir kaum People of Colour und unterstützen selbst rassistische Strukturen in unserer Gesellschaft.
Im Kapitalismus werden nicht nur Tiere sondern auch die Natur und Menschen ausgebeutet. Der Kapitalismus orientiert sich an finanziellen Profiten und nicht an den Bedürfnissen von Lebewesen. Obwohl der Kapitalismus inzwischen bestens verstanden hat, auch mit Veganismus Profite zu machen, ist die Tierindustrie immer noch ein großer Markt. Auch aus ökologischen Gründen ist ein kapitalistisches Wirtschaftssystem dauerhaft nicht tragbar. Endloses Wachstum ist in einer Welt mit begrenzten Ressourcen nicht möglich. Umweltzerstörung schadet nicht nur uns Menschen sondern vor allem auch wild lebenden Tieren. Wir glauben nicht, dass einzelne Unternehmen einfach „böse“ sind, sondern dass sie bloß nach den Spielregeln des Kapitalismus arbeiten. Somit sind die politischen Verhältnisse und der Kapitalismus verantwortlich für Ausbeutung und Zerstörung und nicht einzelne (große) Unternehmen. Selbst die Angestellten im Schlachtbetrieb, sind nicht zwangsläufig „schlechte Menschen“. Sie unterliegen Zwängen und werden oft selbst im kapitalistischen System u.a. in Form von Niedriglöhnen und geringem Arbeitsschutz ausgebeutet. Daher glauben wir, dass wir als Tierrechtler*innen konsequenter Weise auch Kapitalismus an sich bekämpfen sollten.
Veganismus ist für uns keine Diät, die dazu dient gesellschaftlichen Schönheitsidealen zu entsprechen, sondern eine moralische und politische Einstellung. Wir wünschen uns eine vegane Szene, die unterschiedliche Körpertypen wertschätzt egal ob schlank oder dick, anstatt gängige Schönheitsideale zu reproduzieren, unter denen viele Menschen leiden. Wir wollen eine Tierrechtsszene, in der sich auch dicke Menschen willkommen fühlen. Körpernormen beschränken uns und richten Energie gegen engagierte Weggefährt*innen und all zu oft gegen uns selbst.
Auch bestehenden Sexismus in der veganen Szene lehnen wir ab und wünschen uns mehr Reflektion darüber. Was wir sehen, sind überwiegend Männer*, die scheinbar die Bewegung anführen, obwohl Frauen* in der Mehrzahl sind. Sexistische Übergriffe gibt es auch in der veganen Bewegung. In den USA gibt es unter #ARmetoo eine öffentliche Debatte darüber.
Es gibt tier-aktivistische Gruppen, die gezielt Tierschlachthöfe und Ställe mit dem Holocaust vergleichen, um Aufmerksamkeit für ihre Zwecke zu erzeugen. Tierausbeutung mit dem Holocaust zu vergleichen, ist für uns ein No-Go. Während es beim Holocaust darum ging eine Gruppe von Menschen, nämlich Jüd*innen, zu vernichten, hat Tierausbeutung nicht dieses Ziel. Viele Überlebende des Holocaust erleben den Vergleich ihrer Erfahrungen mit Tierausbeutung als herabwürdigend und als Relativierung der Geschichte. Wer vom Holocaust auf dem Teller spricht macht Opfer, nämlich Menschen die von Antisemitismus betroffen sind und waren, zu Täter*innen. Wenn wir von Tierausbeutung als Holocaust sprechen, machen wir dieses einzigartige Ereignis zu etwas Alltäglichem. Indem wir Tierausbeutung mit dem Holocaust vergleichen, instrumentalisieren wir die Schrecken des Holocaust für unsere Zwecke. Es gibt viele Unterdrückungsverhältnisse und Missstände in der Welt, die wir alle bekämpfen sollten, anstatt Betroffene gegeneinander aus zu spielen. Wir wünschen uns eine vegane Bewegung, die sensibel mit Betroffenen von Gewalt und Unterdrückung umgeht, egal ob es sich um Tiere oder Menschen handelt.
Nicht nur Tiere sind von Ausbeutung und Unterdrückung betroffen sondern auch viele Menschen. In einer Gesellschaft, in der Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe keine Wohnung finden, Synagogen geschützt werden müssen, sexuelle Belästigung von Frauen* Normalität ist und Geflüchtete im Mittelmeer ertrinken, gibt es mehr zu bekämpfen als nur Tierausbeutung. Natürlich macht es Sinn sich in seinem politischen Aktivismus auf ein Gebiet zu konzentrieren. Wir sollten unsere Kampagnen und Argumentationen aber so wählen, dass sie auch andere Unterdrückungsformen angreifen anstatt sie zu verfestigen. Die unterschiedlichen Kämpfe gegen Unterdrückung stehen dabei gleichwertig nebeneinander.
Für eine inklusive und emanzipatorische Bewegung. Artgerecht ist nur die Freiheit!