Statement zur Facebook-Sperre anarchistischer Autor:innen, Künstler:innen und Kollektiven

Am 20. August 2020 hat Facebook die Konten von Crimethinc, it’s going down und scheinbar sympathisierenden Künstler:innen und Autor:innen gesperrt. Wir erklären uns solidarisch mit den Betroffenen und verurteilen diesen Akt der Zensur. Begründet wird die Sperrung der Seiten mit der liberalen Hufeisentheorie, nach der Links- und Rechtsradikale im wesentlichen gleich schlimm seien. In Deutschland ist sie eine langjährige Arbeitsgrundlage des Verfassungsschutzes und damit auch tief verwurzelt in hiesigen Institutionen und liberalem Denken.
Ein von uns und vielen Anderen unterstützter Solidaritätsaufruf/offener Brief zu der Sperrung von anarchistischen und antifaschistischen Facebook-Seiten, findet ihr bei den Gefährt:innen von Agency.
Wir wollen bei der Kritik von Facebooks Entscheidung und der Solidarität mit den Betroffenen jedoch nicht stehen bleiben. Wir wollen unseren Blick auch darauf richten, welche problematische Rolle Facebook, Twitter, Instagram und co. für unsere Bewegung einnehmen und welche Handlungsoptionen es gibt.
Kapitalistische Social Media Konzerne sind ein fundamentaler Bestandteil sozialer Bewegungen für ihre Außendarstellung, -kommunikation und Reichweite. Es ist ein Widerspruch unseres antikapitalistischen Aktivismus, die Menschen auf den milliardenschweren Plattformen FB und co. zu halten. Der Zutritt zu diesen Plattformen wird sich mit unseren Daten erkauft. Wer liked wen, wer nimmt woran teil, und wer ist Teil welches Netzwerks? Aber auch: Wer wird Ziel von Repression oder Zensur? Auch in Deutschland wird linker Content (termporär) gesperrt, geo-geblockt, schlechter auffindbar gemacht oder es werden linke Accounts gleich gänzlich gelöscht. 
Wir wollen selbstverständlich Menschen dort erreichen, wo sie sind. Das mag diesen Widerspruch rechtfertigen und von jeder:jedem einzelnen Akteur:in selbst entschieden werden.
Es ist für unsere Bewegung aber gefährlich sich darauf zu verlassen, dass wir Zugang zu diesen Plattformen behalten. Vielmehr müssen wir den Menschen, denen wir dort begegnen, den Weg raus aufzeigen und die kapitalistischen  Plattformen problematisieren.
Doch wie sieht der Weg raus aus den kommerziellen Plattformen aus? Und wie stellen wir sicher, dass er in kollektiv gepflegte digitale Räume führt?
Zunächst müssen wir aufhören Social Media Konzerne zu promoten. „Folgt/Schreibt uns auf Facebook/Twitter/Instagram/…“, „Hier ist der FB-Link“, „#XY“, …
Die Befreiung aus ausbeuterischen Abhängigkeitsverhältnissen ist immer aufwendig, doch digitale Souveränität ist Teil unserer Utopie. Es gibt leider noch keine Alternative, die genauso bequem oder effektiv ist. Doch es sind schon Strukturen und Software vorhanden, auf denen aufgebaut werden kann.
Es gibt Tech-Kollektive wie systemli.org, systemausfall.org, dismail.de, disroot.org, fairapps.net, riseup.net, it-kollektiv.com, die euch Clouds, Mailinglisten, Email-Adressen zur Verfügung stellen. Und sie sind mitunter auch ansprechbar Lösungen für euch bereitzustellen. Wichtig ist auf freie Software zu setzen, die auch auf einem eigenem Server laufen könnte. So entsteht keine Abhängigkeit von einem Anbieter.
Weil es bei freier Software oft mehrere Angebote gibt, wirkt es scheinbar kompliziert. Nur das Prinzip ist bereits bekannt: Für eine E-Mail-Adresse muss sich auch erst mal ein Anbieter ausgesucht werden. 
Die studentische Gruppe gnuHU hat ihren Ansatz für Öffentlichkeitsarbeit aufgeschrieben:
Die Lösung besteht darin, unfreie, zentralisierte Soziale Netzwerke nur noch in der Form zu nutzen, von Usern, die sich nur noch dort aufhalten, gefunden zu werden, nicht aber, weitere User dort hin zu leiten. Kurz gesagt: Unfreie, zentralisierte Netzwerke passiv nutzen.
Stattdessen werden in aktiver Weise soziale Netzwerke genutzt, die auf Freier Software basieren […]
Graphisch beschreiben lässt sich die von #gnuHU favorisierte Lösung einer passiven Nutzung unfreier Soziale Netzwerke zugunsten einer aktiven Nutzung freier Sozialer Netzwerke wie folgt: Nachhaltige PR: Von Tech-Giganten weglinken, ins Fediverse
Wenn ihr Fragen habt oder euch zu dem Thema austauschen wollt, erreicht ihr uns gerne verschlüsselt via glitzerkatapult (at) riseup.net.
Die Befreiung aus unseren unerwünschten digitalen Abhängigkeiten können wir nur selber vorantreiben. Wir müssen die digitale Praxis erproben, die wir sehen wollen.

Als Ergänzung zum Text, möchten wir euch nun kurz Alternativen aufzeigen:
Um bereits interessierte Menschen über eure Arbeit zu informieren, könnt ihr
  • einen Blog oder eine Webseite betreiben
  • Newsletter versenden
Um mit Menschen zu interagieren und/oder sie auf euch aufmerksam zu machen, könnt ihr Social Media Plattformen nutzen wie: 
  • Mastodon (Twitter)
  • Pixelfed (Instagram)
  • Friendrica (0.5Facebook)
Um eure Veranstaltungen zu veröffentlichen, könnt ihr natürlich eure/n Webseite/Blog nutzen. Doch wenn Menschen eure Termine auch auf dem Handy importieren können sollen, oder mehr Interaktion gewünscht ist, gibt es
  • Mobilizon (0.5Facebook)
  • Gancio
  • Demosphere
  • Nextcloud
Um eure Videos zu veröffentlichen, gibt es
  • PeerTube (YouTube)
Um eure Podcasts zu veröffentlichen, gibt es
  • Funkwhale (Spotify, Soundcloud)
Als offenen Messenger (z.B. ein Broadcast-Kanal) könnt ihr
  • XMPP (Telegram, Whatsapp)
nutzen.
Vieles wird noch aktiv entwickelt, und es kommen neue Sachen hinzu.
Weiterführende Links: